Kill the Killerphrasen

Veröffentlicht am 3. Januar 2022 um 15:48

Stell dir vor, da drescht einer Floskeln und du kannst müde drüber lächeln – das wär doch was! Nicht wahr?
Wenn du sehr aufmerksam durch dein Leben gehst, wirst du bemerken, dass du diesen Killerphrasen mehr als oft begegnest. Sie machen keinen halt vor Freundschaft, sozialen Beziehungen, Partnerschaft und Ehe. Du findest sie aber auch in Clubs, Vereinen und ganz besonders am Arbeitsplatz.


Eine von vielen Erklärungen und Definitionen für Killerphrasen ist, dass sie eine soziale Dominanz hervorbringen bei gleichzeitig sachlicher Unterlegenheit.

 

Hier einige beliebte Beispiele:
„Typisch Mann oder typisch Frau“.
„Ich möchte morgen an diesem Schreibtisch einen motivierten Mitarbeiter*in sitzen haben“.
Das haben wir gestern so gemacht, das machen wir heute so! Das werden wir nicht ändern!"

Höre hier den Text als Podcast

Wenn man jetzt fachlich denkt, könnte man auf die Idee kommen, dass Killerphrasen eine transderivationale Suche auslösen und unterstützen. Diese transderivationale Suche ist nämlich dazu gedacht, dass aus der erlebten Erfahrung des Individuums, oftmals der erfolgreiche Versuch unternommen wird, die Phrasen mit Sinn zu füllen. Denn mal ehrlich, sonst haben sie keinen … !

Hier ein Beispiel eines Erlebens einer Killerphrase aus dem echten Leben, nämlich aus meinem:
Bei meinen letzten Besuch meines Rhetorik Clubs habe ich eine Rede gehalten. Frisch gewappnet mit den neuesten Erkenntnissen aus Humor und provokantem Coaching habe ich dieses natürlich sofort in meiner Rede um- und eingesetzt. Natürlich konnte dieser Ansatz nicht jedem schmecken. Dieses habe ich auch sofort im Feedback zurückgespiegelt bekommen.

Der Kollege sagte:
Klamauk hatten wir schon genug. (Achtung Killerphrase)

Nun wenn ich diese Aussage betrachte, frage ich mich, muss ich jetzt hellsichtig sein oder bist du es vielleicht? Wenn du es bist, bitte ich umgehend um Aufklärung, was gemeint war. Denn ich weiß es bis heute nicht.

Was ich aber weiß, ist, dass dieser Mensch, der diese Äußerung gemacht hat, irgendein Bild im Kopf hatte, an welches eine Bewertung geknüpft war. Wenn wir jetzt hellsichtig wären, dann hätten wir die Möglichkeit genau dieses Bild so zu erkennen, wie es sich der Absender gemalt hat.
Vielleicht hat der Absender der Nachricht genau dieses von uns verlangt oder aber wollte uns seine Art von Bewertung aufoktroyieren. Auch das kann ich nicht mit Gewissheit sagen.

Wenn ich diese Phrase jetzt mal aufschlüssele, alleine wenn ich mich an der Satzstruktur orientiere, dann müsste ich mich als Erstes fragen, was meint dieser Mensch überhaupt mit Klamauk? Kann es sein das er den Clown auf der Straße meint der mit Witzen und Späßen Menschen an der Nase herumführt?, Jonglagen macht oder andere lustige Dinge?, meint er ein Comedian im Fernsehen oder meint er vielleicht den kompletten Inhalt der Rhetorikrunde? Ich weiß bis heute nicht, was er unter Klamauk versteht.

Nun wenn ich weiter überlege, dann hat derjenige welche diese Phrase einfach in den Raum geschmissen nach dem Motto friss oder stirb. Er hat keinen direkt angesprochen, er hat nicht gesagt Volker
das, was du erzählst, ist Klamauk. Also wurde auch keiner angesprochen und keiner kann sich angesprochen gefühlt haben. Aaaaaaber jetzt kommt die transderivationale Suche ins Spiel. Denn selbst wenn die Phrase nicht zielgerichtet adressiert war, fühlt sich derjenige angesprochen, der aus seinem inneren Erleben heraus dieser Phrase einen Sinn gibt. Was natürlich ganz schön Tricky ist, denn wenn dem nicht so wäre, wüsste keiner wer sich angesprochen gefühlt haben soll.

Die nächste Frage stellt sich natürlich auch aus der Satzstruktur. Klamauk hatten wir schon genug, aber hatten wir wirklich genug? Genug, gemessen an welchem Maßstab? Hatten wir schon genug und es ist ausreichend? Hatten wir schon genug und es war viel zu viel des Guten? Also sozusagen viel zu viel von dem Klamauk, von dem wir gar nicht wissen, was er ist. Vielleicht hatten wir auch schon genug von dem Klamauk , aber wir wollen unbedingt noch mehr davon.

An dieser Stelle wird einem sehr deutlich, dass Killerphrasen nicht unbedingt wirklich Sinn ergeben. Wenn man den Phrasensatz auseinandernimmt, ist er meist schon entmachtet. In meinem Beispiel weiß keiner genau wer angesprochen ist, niemand weiß genau was mit Klamauk gemeint ist, außerdem weiß keiner was genau passend, zu wenig oder zu viel ist.

Wenn du den Satz so zerlegst, dann bemerkst du schnell, dass er keine Macht und keine Kraft hat. Dies ist eine kleine, aber wirksame Technik, um solchen Phrasen den Hahn abzudrehen.
Das Resultat daraus ist, dass du ganz entspannt mit einem müden Lächeln dasitzt und sagst:
"Was immer du auch gemeint hast, es kommt bei mir nicht an."

Viel Spaß beim sezernieren von Sätzen und entmachten von Killerphrasen.

Ⓒ Volker Wittler 03. Januar 2022

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